
Umgang mit mehrsprachigen Inhalten in einer zweisprachigen Übersetzungsumgebung
Erfahren Sie in diesem Blog von Patrick Andrew Hartnett, wie Sie in einer zweisprachigen Übersetzungsumgebung mit mehrsprachigen Inhalten umgehen.
„Was wissen Sie über mehrsprachige Ausgangsdateiformate?“
Diese Frage wurde mir Anfang letzten Jahres gestellt, als mein Team den Auftrag erhielt, die Unterstützung für mehrsprachige Ausgangsdateien in Trados Studio zu verbessern. Damals wusste ich nur sehr wenig über dieses Thema, außer dass solche Dateien übersetzbare Inhalte in mehreren Sprachen enthalten und dass das Layout dieser Dateien keinem Standardformat entspricht, was bei der Bereitstellung von generischer Unterstützung zu ziemlichen Komplikationen führt.
Ich habe mit einer Gegenfrage geantwortet: Warum sollen wir uns überhaupt mit der Unterstützung mehrsprachiger Formate beschäftigen? Trados Studio weiß doch bereits, wie es mit einem zweisprachigen Dokument umzugehen hat, oder? Wäre es also nicht einfacher, Kopien der Ausgangsdatei zu erstellen, dann für jede Zielsprache ein zweisprachiges Dokument zu erstellen, vorhandene Übersetzungen auf magische Weise zu kopieren, den Rest zu übersetzen und schließlich mit einem Zauberstab die fertigen Übersetzungen zurück in die mehrsprachige Ausgangsdatei zu kopieren?
Leider muss man schon Gandalf heißen und die gewundenen Wege des Auenlandes kennen, wenn man diese Art von Zauberei beherrschen will. Projektmanager:innen müssen sich stattdessen mit zwei Befehlen (Strg+C und Strg+V) wappnen, um in mühsamer Kleinarbeit zunächst während der Vorbereitung die Übersetzungen in das zweisprachige Dokument zu kopieren und sie dann nach Abschluss der Übersetzung wieder zurück in die mehrsprachige Ausgangsdatei zu übertragen. In der Regel folgt kurz darauf eine drohende Sehnenscheidenentzündung …
Was also macht mehrsprachige Formate bei der Verwaltung in einer Übersetzungsumgebung so schwierig, und warum verwalten wir nicht grundsätzlich mehrsprachige Dokumente, sondern standardmäßig zweisprachige Dokumente? Tools für computergestützte Übersetzung (CAT-Tools) sind mit Funktionen ausgestattet, die es Übersetzer:innen ermöglichen, Projekte schneller zu bearbeiten und dabei eine hohe Qualität und Konsistenz zu gewährleisten. Sie sind so konzipiert, dass sie den zu übersetzenden Inhalt aus verschiedenen Ausgangsdateiformaten extrahieren und ihn für jede Zielsprache in ein zweisprachiges Format (SDLXLIFF) konvertieren.
Um die damit verbundenen Herausforderungen besser zu verstehen, müssen wir uns ansehen, warum wir das Konzept eines mehrsprachigen Dokuments in einer Übersetzungsumgebung nicht einführen. In einem typischen Szenario soll ein Inhalt in mehrere Zielsprachen übersetzt werden, und wir möchten die Übersetzungsaufgabe verschiedenen Übersetzer:innen zuweisen, die auf die jeweilige Sprachen spezialisiert sind. Für diesen Prozess sind zweisprachige Dokumente gut geeignet, da in der Regel jeder Übersetzer bzw. jede Übersetzerin nur eine Zielsprache bearbeitet. Mit einem CAT-Tool können Sie die verschiedenen zweisprachigen Dokumente einzeln zuweisen.
Berücksichtigen wir nun auch, dass die Segmentierung eines Textabsatzes in einer Sprache anders ausfallen kann als in einer anderen. Dies lässt sich in einem zweisprachigen Dokument mühelos darstellen, da eine 1:1-Beziehung zwischen dem Ausgangs- und Zielinhalt besteht. So können mehrere Übersetzungseinheiten (ÜE) weiter segmentiert und/oder zusammengeführt werden, ohne die Integrität des ursprünglichen Absatzes zu beeinträchtigen. In einem mehrsprachigen Dokument wären dafür die Fähigkeiten eines Gandalf erforderlich, denn der Ausgangstext könnte für jede Zielsprache unterschiedlich segmentiert sein. In der Folge könnten verschiedene Übersetzungen nicht mehr über eine einzelne Übersetzungseinheit hinweg abgeglichen werden.
Somit sollte also die eigentliche Frage nicht lauten: „Warum verwalten wir keine mehrsprachigen Dokumente in Trados Studio?“, sondern: Wie können wir eine vorwiegend zweisprachige Umgebung für die Verwaltung mehrsprachiger Formate optimieren?
Auf den ersten Blick scheint das für Trados Studio eine einfache Aufgabe zu sein, denn es verfügt ja bereits über Kernfunktionen, mit denen alle erforderlichen Aufgaben ausgeführt werden können: Extrahieren des übersetzbaren Inhalts aus einer Ausgangsdatei, Erstellen eines zweisprachigen Dokuments, Analyse, Vorübersetzung usw. … Da kann es doch nicht so schwierig sein, diese Verfahren zu automatisieren, um aus einer mehrsprachigen Ausgangsdatei ein zweisprachiges Dokument für jede Zielsprache zu erstellen! Und es hat sich herausstellt, dass es tatsächlich nicht so schwierig ist! Trados Studio bietet APIs, mit denen Entwickler ihre eigenen Dateitypen und Batch-Tasks genau zu diesem Zweck erstellen können.
Um das Problem der Unterstützung mehrsprachiger Ausgangsdateien in Trados Studio zu lösen, hat es sich als am praktischsten erwiesen, einen Dateityp zu entwickeln, der sich auf die bereits in Trados Studio verfügbaren Kernfunktionen stützt, und im Anschluss zwei neue Automatisierungsaufgaben einzurichten. Die erste Aufgabe, „Mehrsprachige Übersetzungen importieren“, ist erforderlich, um die Zielsprachen und zusätzliche Kontextinformationen zur Unterstützung des Übersetzers bzw. der Übersetzerin zu importieren. Diese Aufgabe wird ausgeführt, nachdem der Ausgangstext nach den normalen Segmentierungsregeln von Trados Studio segmentiert wurde. Dabei muss berücksichtigt werden, dass wir die Quelle nicht immer dem Ziel zuordnen können. Es könnten schließlich mehr oder weniger Sätze in einem Absatz erforderlich sein, um den Ausgangstext korrekt zu übersetzen. Wenn der Absatz also mehrere Sätze enthält, werden die zielsprachlichen Übersetzungen so platziert, dass sie nur dem ersten ausgangssprachlichen Satz entsprechen. Die zweite Aufgabe, „Mehrsprachige Übersetzungen generieren“, stellt die mehrsprachige Ausgangsdatei wieder her, sobald das Projekt abgeschlossen ist. Sie müssen also nicht länger kopieren und einfügen oder Skripte erstellen, um die Übersetzungen wieder in die ursprüngliche mehrsprachige Ausgangsdatei zu übertragen.
Zunächst haben wir Unterstützung für mehrsprachige Excel- und mehrsprachige XML-Dateiformate entwickelt, da dies zwei der häufigsten mehrsprachigen Formate bei der Übersetzungsarbeit sind. Mehrsprachige Excel-Dateien sind der De-facto-Standard für die Bereitstellung von Strings zur Lokalisierung und werden häufig zum Speichern von Terminologie verwendet.
Die zu Trados Studio gehörigen APIs sind ein wichtiger Teil unseres Systems, denn sie ermöglichen es Entwickler:innen, ihrer Übersetzungsumgebung individuelle Funktionen hinzuzufügen, um spezifische Geschäftsanforderungen zu erfüllen. Die mehrsprachigen Dateitypen, die vom Trados AppStore-Team entwickelt wurden, sind nur einige Beispiele der Möglichkeiten. Wie bei den meisten unserer Entwicklungen handelt es sich um Open Source in GitHub\RWS Community. Wir ermutigen alle Entwickler, sich an diesen Projekten zu beteiligen. So können wir voneinander lernen und weiterhin neue und innovative Lösungen anbieten, um verbreitete Probleme gemeinsam zu lösen. Es gibt auch viele weitere Erfolge durch Apps, die von Drittanbietern entwickelt wurden und bereits im RWS AppStore verfügbar sind. Schauen Sie doch einmal dort vorbei!
Mehr über unsere neuen Apps für mehrsprachige Dateien erfahren Sie hier: